Kaffee aus der Maschine ist bequem, und dank immer besserer Technik mittlerweile auch richtig lecker. Mit steigendem Bewusstsein für nachhaltigen Konsum rückt – zum Glück – auch die Frage in den Blick: wie nachhaltig ist eigentlich der Kaffee aus der schicken Maschine in meiner Küche? Wir checken die Nachhaltigkeit von Kapseln, Pads und Co.
So trinkt Deutschland Kaffee: ein kleiner Überblick
Die Deutschen lieben ihre Tasse Kaffee. 2022 ist der Pro-Kopf-Konsum wieder gestiegen auf mittlerweile 172 Liter im Jahr, wie der Kaffeeverband in seinem jährlichen Konsumreport vermeldet. Die Kurve steigt seit Jahren stetig, daran konnte Corona nicht rütteln und preissensible Zeiten auch nicht. Wie die Deutschen ihre Tasse zubereiten, ändert sich jedoch schon. Nach wie vor kommt der Löwenanteil aus der guten alten Filterkaffeemaschine, v.a. in den eigenen vier Wänden. Mit dem Trend hin zu Einzelportionen sowohl in Firmen als auch in privaten Haushalten bekommt sie allerdings anhaltend Konkurrenz von anderen Systemen, ganz besonders vom Kaffeevollautomaten. Der legte ein starkes Plus von 6,4% auf das Parkett gegenüber 2021. Zum Vergleich: die Filterkaffeemaschine liegt immer noch auf Platz 1, rutschte 2022 jedoch ab um satte 8,5%. Beide Systeme zusammen stellten 62% der zubereiteten Tassen. Auf Kaffeepadmaschine, löslichen Kaffee und Kapselmaschine als weitere Systeme unter den Top 5 der häufigsten Zubereitungsarten entfielen zusammen 25%. Interessant auch der Absturz der klassischen Espressomaschine von 16,9%. Damit könnte sich ein Aufbruch zu neuen Ufern in der deutschen Kaffeetrink-Tradition andeuten – weg vom lange geliebten Filterkaffee und der neuerlichen Trendwelle eines „Be like a Barista“-Feelings mit Profi-Siebträgern zuhause hin zum unkomplizierten Convenience-Trinkerlebnis auf Knopfdruck.
Die Kaffee-Kapsel: zwischen Greenwashing, Verboten und tatsächlicher Nachhaltigkeit
Die Zahlen der Haushalte, die Kaffeekapselmaschinen kaufen, sind rückläufig zugunsten von Kaffeevollautomaten, dennoch steht diese Art von Kaffeemaschine weiter im ganz besonderen Fokus nachhaltiger Betrachtung. Das liegt daran, dass sie enorme Müllberge produziert. Die Deutsche Umwelthilfe (DHU) meldete, dass in Deutschland 2018 noch insgesamt 3,5 Mrd. Kaffeekapseln verbraucht wurden. Das ergibt einen ansehnlichen Müllberg, denn so leicht eine Kapsel in der Hand liegen mag, ergibt doch diese schiere Menge 8.800 Tonnen Müll aus Aluminium und Kunststoff. Nicht zu vergessen das Papier für die Umverpackung, womit weitere 5.000 Tonnen Müll anfallen.
Punktet die Kapsel durch Recycling? Warum die EU mit einem Verbot liebäugelt
Das ist ein Grund, warum die EU-Kommission derzeit über ein Verbot der Kaffeekapsel nachdenkt und ab 2030 nur noch kompostierbare Kapseln zulässt. Hintergrund ist eine Ergänzung zur allgemeinen Verpackungsverordnung, die das Verhältnis von übergroßer und daher nicht nachhaltiger Verpackung zu verpacktem Produkt reduzieren soll. In einer Nespresso-Kapsel z.B. sind 6g Kaffee in etwa 5g Aluminium verpackt, dazu kommt die Verpackung drum herum.
Ob das Verbot nun kommt oder nicht: angesichts solcher Zahlen gerieten Hersteller unter Druck zu reagieren. 2017 stellte der Marktführer Nespresso eine großangelegte Studie vor für einen Ökobilanzvergleich zur Umweltverträglichkeit von Kaffee, vom Kaffeeanbau über die Zubereitung bis zum Abfall von Kapsel-, Filter- und Vollautomatenkaffee. Das Resultat: Kaffee aus der Kapsel sei demnach ökologisch gleichzusetzen sei mit anderen Zubereitungsarten, und schneide eigentlich sogar besser ab. Ein Aber ist trotzdem hinterherzuschieben, zumal es stutzig macht, wenn Nespresso nur ein Teil einer Studie öffentlich vorgestellt hat. Was der Marktführer machte: man wandte den Kniff an, den Müll der Alu-Kapsel nicht als Abfall, sondern als Wertstoff zu betrachten. Ein an sich valider Punkt, denn Aluminium ist ein guter Wertstoff für das Recycling. Aluminium ist in seiner ersten Herstellung als sog. Primäraluminium sehr energieintensiv. Wird es recycelt, kann entsorgtes Aluminium laut Umweltbundesamt bis zu 84% zu sog. Sekundäraluminium verarbeitet werden mit 95% weniger Energieeinsatz. Aus dieser Warte könnte man Nespresso recht geben. Der Haken an der Sache: 1.: in der Kapselherstellung ist auch immer Primäraluminium nötig und v.a. 2.: niemand weiß, wie viele Kapseln tatsächlich verwendungsfähig recycelt werden, damit das Aluminium effektiv dem Wertstoffkreislauf rückgeführt werden kann. Dazu muss man den kompletten Kaffeesatz aus der Kapsel pulen und sie in den Gelben Sack werfen.
Einige Hersteller bieten daher Kunststoff- statt Alu-Kapseln an. Kleiner, mit weniger Material und ebenfalls recycelbar. Doch auch hier ist die Frage, wie viele Kapseln ordentlich entsorgbar und tatsächlich im Gelben Sack landen, um recycelt werden zu können – das Problem ist also dasselbe in Grün.
Die kompostierbare Kapsel: der Heilige Kapsel-Gral?
Um aus dem Müll eine nachhaltige Tugend zu machen, kam dann die kompostierbare Kapsel aus Maisstärke, Zellulose oder anderen pflanzlichen Stoffen. Beworben wurden diese mit Begriffen wie „ökologisch“, „biologisch“ und „kompostierbar“. Das klingt gut, hinterließe ein gutes Gefühl beim Verbraucher und auch die EU setzt auf diese Kapsel als Format der Zukunft – wäre da nicht schon wieder ein Aber im Schlepptau. Die smarte Kapsel aus Bio-Kunststoff ist leider nicht so grün wie man denken möchte, zumal nicht alles an der Kapsel ist biologisch abbaubar ist, etwa die Kunststoffdeckel. Der Grüne Punkt und die DHU kritisieren, dass die Kompostierbarkeit abbaubarer Kapseln nicht so gegeben sei, wie es Konsumenten vermittelt wird, die DHU benutzt gar den Begriff des Greenwashings. Bio-Kunststoff zerfalle zwar irgendwann, jedoch deutlich zu langsam für die Kompostieranlagen, die den Abfall der Bio-Tonne verwerten, heißt es von dort. Das bedeutet, dass diese Teile nach Abfall- und Düngerecht aufwendig aussortiert werden müssen. Aus Dünge-Sicht ist das sinnvoll, andernfalls landet verunreinigter Dünger aus der Kompostieranlage in Gemüsebeeten. Der positive Effekt der Kompostierbarkeit ist somit schlichtweg nicht gegeben. Auch darf die Bio-Kapsel nicht im Gelben Sack entsorgt werden, sondern muss in den Restmüll. Und so landet der Bio-Kunststoff dann doch in der Müllverbrennung. Der Gedanke einer Kapsel aus Bio-Kunststoff ist also gut gemeint, jedoch nicht zu Ende gedacht. Das Material wird ganz unnachhaltig nur einmal benutzt und landet im Müll, noch dazu mit größerem Sortieraufwand, ob der Kunststoff bio ist oder nicht, spielt dann auch keine Rolle mehr. Sollte die EU also auf der Bio-Kapsel als einzig zugelassenes Format bestehen, müsste in diesem Bereich noch einiges an Produktforschung investiert werden.
Die wieder befüllbare Kapsel: Nachhaltigkeits-Daumen nach oben
Was also tun mit der Kapselmaschine, wenn man bereits eine hat? Da es auch wenig nachhaltig erscheint, sie einfach wegzuwerfen, kam es nach weiterer Tüftelei zur wieder befüllbaren Kapsel. Eine Lösung, die auch DHU und Grüner Punkt als Option betrachten. Mittlerweile gibt es mehrere Anbieter, die solche Kapseln herstellen. Großer Pluspunkt: sie sind auch für Kapselmaschinen verschiedener Hersteller anwendbar. Das Befüllen der Kapsel geht nach kurzem Üben recht einfach von der Hand. Allerdings verabschieden sich die Hersteller der Geräte bei Schäden durch eine Kapsel aus ihrer Garantie-Pflicht, wenn klar ist, dass nicht die hauseigenen Kapseln verwendet wurden. Ein eher theoretischer Fall, über den du aber trotzdem Bescheid wissen solltest. Wenn es bei der Kapsel-Frage keinen Kompromiss mit der der EU-Kommission geben wird, wird es diese Form der Kapsel jedoch auch nicht mehr geben.
Die Kapsel ohne Kapsel
Die jüngste Erfindung, um das Thema Müll vom Tisch zu wischen: eine Kapsel ohne Kapsel. Die Schweizer Firma Migros hat mit ihrem System Coffee B ein Patent erfunden, das Kaffeepulver in eine feste Kugelform presst. Die Kugel wird von einer transparenten dünnen Schicht aus biologisch abbaubarem Material umhüllt, die sich laut Migros nach spätestens vier Wochen im Bio-Müll zersetzt haben soll. Nachdem Coffee B in Frankreich und der Schweiz Fuß gefasst hat, steht ihr Produkt mittlerweile auch in den Regalen deutscher Märkte. Minuspunkt: die Kugeln von Coffee B funktionieren nur in der Maschine von Migros, und die Einzelportion wird als verhältnismäßig zu teuer kritisiert.
Empfehlungen der DHU: möglichst abfallarme Systeme
Was den Müll angeht, spricht sich die DHU aus für Brühsysteme mit Dauerfilter, klassische Kaffeemaschinen, French Press oder Herdkanne. Derart abfallarme Brühmethoden verursachen am wenigsten Müll, zumal verwendetes Filterpapier direkt im Bio-Müll landen darf. Daher dürfen auch Kaffee-Pads in die Bio-Tonne. Bei letzterer gibt es Minuspunkte: die Verpackung des Drumherum ist zwar nicht ganz so arg wie bei herkömmlichen Kapseln, immerhin aber noch so groß, dass bei Pads die Müllbilanz auch nicht besonders nachhaltig ausfällt.
Und wie ist das mit dem Strom?
Kaffee aus Filter, French Press oder Herdkanne sind, was den Müll betrifft, also am nachhaltigsten. Doch gilt das auch für den Energieaufwand? In größeren Betrieben, in denen viel Kaffee getrunken wird, etwa Büros oder Gastronomie, sind diese Brühmethoden eher weniger praktisch. Smarte Kaffeevollautomaten sind hier die bessere Wahl. Der Müll begrenzt sich auf die Verpackungstüte der Bohnen, der verbrauchte Kaffee kann als Kaffeesatz ohne Umwege in die Bio-Tonne. Was den Stromverbrauch angeht, sind die Modelle heute ziemlich effizient. Eine Filterkaffeemaschine verbraucht im Schnitt etwa 1.000 Watt, ein Kaffeevollautomat etwa 1.400 bis 1.600 Watt. Das rückt zunächst die Filtermaschine das bessere Licht. Da im Kaffeevollautomaten für gewöhnlich auch Milchschaum oder Tee zubereitet wird, verbraucht man damit insgesamt jedoch weniger Energie als mit zusätzlichen Geräten, die nötig sind, wie Wasserkocher und Milchaufschäumer.
Neben der Menge ist der Faktor Zeit nicht zu vergessen. Eine Filtermaschine wird im Schnitt etwa für 30min benutzt für einen Zubereitungsdurchgang. Bei einem Kaffeevollautomaten dauert die Zubereitung einer Tasse durchschnittlich etwa 1 Minute. Somit stehen im Mittel 500 Wattstunden (Wh) auf Seiten der Filtermaschine knapp 27 Wh von einem Kaffeevollautomaten gegenüber. Am meisten Strom benötigten Geräte mit Warmhaltefunktion für Kaffee (Filterkaffeeautomaten) oder Tassen (Kaffeevollautomaten), diese Funktionen sollten ausgeschaltet werden. Pad- und Kapselmaschinen kommen auf eine ähnliche Bilanz wie Kaffeevollautomaten. Letztere punkten wiederum, was das Verhältnis von verbrauchtem Kaffee und Wasser pro Tasse angeht. Klar definierte Mengen pro Zubereitung verhindern Verschwendung.
Hier gehts zu den “7 Tipps für nachhaltigen Kaffeegenuss” – Viel Freude beim Lesen!
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Quellenangaben:
*Deutscher Kaffeeverband, Kaffeekonsum 2022
Energie sparen bei der Kaffeezubereitung – hausinfo
Umweltbelastung durch Kaffeekapseln: 3 Milliarden Kapseln | Stiftung WarentestDeutsche Umwelthilfe und Bundesgütegemeinschaft Kompost kritisieren Greenwashing mit biologisch abbaubaren Kaffeekapseln – Deutsche Umwelthilfe e.V. (duh.de)
(Studie 2011 – Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt EMPA).
www.gruener-punkt.de