Koffein & Co.: was in Kaffee steckt & seine Wirkung auf Körper und Gesundheit
Kaffee ist eine Wundertüte: Vitamine, Mineralstoffe, Antioxidantien – ein ziemlich bunter Cocktail davon schwimmt in jedem Schluck. Damit wird jede Tasse Kaffee quasi zur kleinen Apotheke to drink, wie die Wissenschaft immer klarer bestätigt. Erfahre, was alles in Kaffee steckt, was er in unserem Körper bewirkt und warum du hartnäckige Mythen rund um Kaffee als Endgegner der Gesundheit getrost ignorieren kannst.
Kaffee: zwischen Wundertüte und „Bohna non grata“
Wusstest du, dass sich über 1.000 Inhaltsstoffe in einer einzigen Kaffeebohne tummeln? Einen besonders hohen Anteil stellen die sog. sekundären Pflanzenstoffe. Das ist eine gute Nachricht, denn viele dieser Substanzen haben eine positive Wirkung auf unsere Gesundheit. Studien aus aller Welt mit vielen Tausenden Teilnehmern konnten einen großen Teil dieser Pflanzenstoffe und ihre Wirkungsweisen entschlüsseln. Da wäre z.B. ein ansehnliches Bouquet von Säuren, die positiv auf verschiedene Organe wirken. Oder die natürlichen Aromastoffe. Da wir nicht nur in der Nase Rezeptoren dafür haben, entfalten sie ihre Wirkungen auch an anderen Stellen im Körper wie in Lunge, Blutgefäßen oder Darm. Und natürlich Koffein.
Die Effekte von Kaffee auf unsere Gesundheit bemerkte man bereits im 16. Jahrhundert, besonders was Kopf, Verdauung und Stimmungsgefühl betrifft. Dieser medizinischen Wirkung wegen war Kaffee zuerst auch in Apotheken zu kaufen. Je zugänglicher und beliebter Kaffee wurde, umso mehr nahm sein Ruf als gesundes Getränk jedoch ab. Medizinische Empfehlungen zu seinem Nachteil festigten diesen Ruf, bis heute. Ganz besonders für ein gesundes Herz und einen normalen Flüssigkeitshaushalt solle man darauf verzichten. Wie aktuell aber sind diese Empfehlungen? Und wo geht medizinisch sinnvoller Ratschlag über in hartnäckigen Mythos? Der Blick auf neueste Erkenntnisse aus der Wissenschaft verrät, dass vieles davon kalter Kaffee ist. Mehr noch: die Vorteile, die Kaffee für die Gesundheit bringt, sind klar zu belegen.
Check die Bohne: was ist drin?
Der Blick auf die rohe Kaffeebohne enthüllt Kohlenhydrate, Fettstoffe, Wasser, Eiweiß, Säuren, Alkaloide, Vitamine, Mineralstoffe und Aromastoffe. Da ein großer Teil beim Rösten verschwindet oder sich durch den Brühvorgang nicht herauslösen lässt, beschränken wir uns auf die Stoffe, die wir in der Tasse effektiv zu uns nehmen.
Koffein: Power-Player im Team Bohne
Beginnen wir mit dem bekanntesten Wirkstoff: Koffein. Je nach Person und genetischer Veranlagung ist das Höchstlevel von Koffein im Körper nach 45 min bis 1,5 Stunden erreicht, nach ca. 2,5 bis 5 Stunden ist die Hälfte des Stoffes abgebaut. In dieser Zeit wirkt es auf Nieren, Glatte Muskulatur und ganz besonders auf das Zentrale Nervensystem. Ergebnis: wir sind wacher, konzentrierter, schneller in unseren Reaktionen, besser gelaunt und wir lernen leichter. Was die Muskulatur angeht, sind sämtliche Muskeln betroffen, die wir nicht aktiv anspannen können. Dazu zählen – bis auf das Herz – Blutgefäße sowie Organe im Verdauungstrakt und in den Atemwegen. Hier entfaltet Koffein einen Effekt der Entspannung und kann so krampflösend wirken.
In den Nieren wirkt Koffein nur schwach. Trotzdem: seine harntreibende Wirkung spürt so mancher recht bald nach einer Tasse Kaffee. Deshalb haftete Kaffee lange Zeit der Ruf als „Wasserräuber“ an. Mittlerweile ist jedoch belegt, dass das nicht stimmt. Der harntreibende Effekt ist nur von kurzer Dauer, und mit der Menge an Flüssigkeit, die man mit einer Tasse Kaffee insgesamt trinkt, kann man ruhigen Gewissens einen Strich auf der Haben-Seite in der täglichen Flüssigkeitsbilanz machen.
Je nach genetischer Veranlagung sind all diese Effekte unterschiedlich stark ausgeprägt bzw. reicht bei einer Person bereits eine Tasse, bei einer anderen braucht es zwei oder drei, damit sie eintreten. Schlagzeilen, die Kaffee wegen seines Koffeingehalts zum Gesundheitswolf im Schafspelz machen, kann man getrost zur Seite schieben. Denn: wie bei allem anderen, das wir zu uns nehmen, macht auch bei Kaffee die Dosis das Gift. Die EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) gab in ihrer Risikobewertung zu Koffein heraus, dass Einzeldosen von 200mg Koffein sowie über den Tag verteilt eine Gesamtdosis bis zu 400mg für gesunde Erwachsene unbedenklich sind. Für Schwangere und stillende Frauen wird ein Wert von 200mg Koffein über den Tag verteilt als bedenkenlos eingestuft. Eine Studie aus Southampton kam zum Ergebnis, dass eine Tasse Kaffee pro Tag nicht schade.
Für gute Schlafqualität rät Schlafforscherin Dr. Eva-Maria Elmenhorst vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, nach 16 Uhr keinen Kaffee mehr zu trinken für ungestörten Tiefschlaf. Das gelte auch für alle, die sich für absolute Tiefschläfer halten. Kleiner Tipp für die Kaffeewahl: generell ist Arabica-Kaffee koffeinärmer als Robusta-Kaffee.
Wie viel Koffein ist wo drin?
Für eine Orientierung und einen Vergleich zu anderen koffeinhaltigen Getränken gab die EFSA eine Liste mit Durchschnittswerten heraus:
- Kaffee (150ml): 50-100mg
- Kaffee entkoffeiniert (150ml): 3mg
- Espresso (50ml): 50-150mg
- Instant-Kaffee (150ml): 15-90mg
- Schwarzer Tee (150ml): 20-60mg
- Kakao (150ml): 2-8mg
- Vollmilchschokolade (100g): 20mg
- Halbbitterschokolade (100g): 75mg
- Cola (330ml): 32-60mg
- Energy-Drinks (250ml): 80mg
Wunderwaffe Antioxidantien: Chlorogensäure & Melanoidine
Im Großen und Ganzen sind es über 80 Säuren, die in Kaffee stecken, darunter Apfelsäure, Essigsäure, Zitronensäure und der große Platzhirsch Chlorogensäure.
Mit an Bord sind auch die sog. Melanoidine. Sie fristen eher ein Dasein in Unbekanntheit, und das obwohl sie in jeder Tasse Kaffee unübersehbar sind: sie geben dem Kaffee seine dunkle Farbe und machen in der Tasse etwa ein Viertel der gelösten Substanzen aus.
Dieses Paket trägt maßgeblich dazu bei, dass Kaffee schmeckt wie er schmeckt und dass er seine antioxidative Wirkung entfalten kann.
Warum sind Antioxidantien so wertvoll? Unser Körper hat permanent damit zu tun, die Auswirkungen der sog. freien Radikale abzuwehren. Das sind aggressive Sauerstoffmoleküle, die laufend im menschlichen Stoffwechsel entstehen und auch verursacht werden durch UV-Strahlung, Rauchen, Entzündungsvorgänge, Umweltgifte sowie Stress. Sie schädigen unsere Zellen und erhöhen z.B. das Krebsrisiko. Unser Körper hat nun kluge Mechanismen entwickelt, ihre Auswirkungen einzudämmen, bevor Schaden entsteht. Antioxidantien helfen bei dieser wichtigen Aufgabe. Eine Reihe von Untersuchungen weist darauf hin, dass Kaffeetrinker deswegen vergleichsweise weniger oft von Erkrankungen mit freien Radikalen als Ursache betroffen sind als Nicht-Kaffeetrinker. Und noch eine tolle Nachricht für Kaffeetrinker: Untersuchungen ermittelten Kaffee unter verschiedensten Getränken als den mit Abstand größten Lieferanten von Antioxidantien.
Gesunder Cocktail: Vitamine & Mineralstoffe
Den größten Anteil an Vitaminen bei Kaffee stemmen die sog. B-Vitamine: Vitamin B2, Niacin, Pantothensäure und Vitamin B6. Wir brauchen sie für die Energiegewinnung im Körper, Fettstoff- und Kohlenhydratstoffwechsel, Blutbildung und andere Dinge. Dazu dürfen wir uns über die Mineralstoffe Kalium, Kalzium, Magnesium und Phosphor freuen, die wir für Knochen und Zähne brauchen, für Muskel- und Nervenfunktion und mehr.
Acrylamid & Furan: Kann Kaffee schaden?
Unter den vielen Inhaltsstoffen gibt es auch welche mit problematischem Ruf: Acrylamid und Furan. Beide Stoffe werden als potenziell krebserregend eingestuft. Acrylamid entsteht immer dann, wenn kohlenhydrat- und proteinhaltige Lebensmittel erhitzt werden. Daher ist es schwierig, Acrylamid aus dem Weg zu gehen, es sei denn man verzichtet auf alles, was gegrillt, frittiert, gebraten, gebacken und geröstet wird. Kaffee wird von der EFSA nach Kartoffelprodukten wie Chips, Pommes und Bratkartoffeln zu 34% als Quelle genannt, gefolgt von Brot- und Backwaren. Wer raucht, packt eins oben drauf.
Als potenziell krebserregend wird auch Furan eingestuft, wie Studien mit Ratten und Mäusen ergaben. Diese Substanz kann beim hohen Erhitzen von Lebensmitteln entstehen, besonders beim Konservieren in geschlossenen Gefäßen und bei Röstvorgängen – wie auch bei Kaffee. Hauptquellen sind Toast, Frühstückszerealien und bei Erwachsenen Kaffee.
Die Gretchenfrage lautet also: wird Kaffeetrinken dadurch zur gefährlichen Angelegenheit? Vielleicht hilft Folgendes: bei Acrylamid gibt es zwar eine EU-Verordnung, die Grenzwerte in der Lebensmittelproduktion festschreibt. Es gibt jedoch keine Empfehlung einer täglichen Maximaldosis, die man unterschreiten sollte. Feststeht, dass man darauf achten sollte so wenig wie möglich zu sich zu nehmen. Dabei hilft v.a. auf moderate Temperaturen bei der Zubereitung von Lebensmitteln zu achten nach der Devise „vergolden statt verkohlen“. Das gilt auch für Röstkaffee. Dunklere Röstungen haben einen tendenziell höheren Wert von Acrylamid. Dabei schneiden Arabica-Bohnen besser ab als Robusta-Bohnen.
Mit Furan ist es in etwa dasselbe in Grün. Bei diesem Stoff ist sogar noch weitgehend ungeklärt, wie es im menschlichen überhaupt Körper wirkt. Was für Ratten und Mäuse gilt, ist nicht eins zu eins übertragbar auf andere Organismen, sodass unklar ist, ob für Menschen eine Gefahr besteht. Richt- oder Grenzwerte gibt es dazu deshalb nicht.
Was jetzt nun Kaffee betrifft, wollen wir an dieser Stelle den Ernährungswissenschaftler Dr. Malte Rubach heranziehen. Er plädiert dafür, die Kirche im Dorf zu lassen und Kaffee als Gesamtpaket zu betrachten, in dem in der Waagschale der „guten“ Stoffe viel mehr liegt als in der der „schlechten“. „Bei sämtlichen Einflussfaktoren, die verhindern konnten, dass die Lebenserwartung der Menschen im letzten Jahrhundert anstieg, waren Furan und Acrylamid in Kaffee offensichtlich ohne Bedeutung.“
Kleine Bohne, große Wirkung: was Kaffee alles kann
Kaffee macht wach und lindert Schmerzen
„Kaffee ist das Getränk, das einen einschläfert, wenn man es nicht trinkt“. Was der französische Schriftsteller Alphonse Allais (1854-1905) so treffend beschrieb, ist der wohl bekannteste Effekt von Kaffee: er macht uns wach. Mehr noch: er steigert unsere Konzentration, macht uns reaktionsschneller und treibt uns zu kognitiven Höchstleistungen an, ja sogar unser Langzeitgedächtnis wird verbessert. Nachweislich verantwortlich dafür ist Koffein. Und so funktioniert es: unser Körper ist eine Hochleistungsmaschine, die ständig Energie verbraucht, ganz besonders das Gehirn. Bei zu viel Anstrengung tritt deshalb eine Überreizung ein. Es entsteht Stress, wir brauchen eine Pause. Da wir nicht immer von selbst darauf kommen uns eine zu gönnen, hat unser Körper einen klugen Mechanismus entwickelt: er schüttet sog. Adenosin aus. Das ist eine Art Signal an unseren Körper, dass er besser etwas kürzertreten sollte. Unser Körper fährt herunter, wir werden müde. Adenosin funktioniert nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip: sein „Schlüssel“ passt perfekt ins „Schloss“ bestimmter Rezeptoren im Gehirn, einer Art Andockstelle. Koffein hat nun einen „Schlüssel“, der auch ins „Schloss“ dieser Rezeptoren passt. Wenn es dort andockt, verhindert es, dass wir müde werden, sodass uns noch etwas länger Energie zur Verfügung steht. Ideal für lange Autofahrten, Arbeit, Prüfungen… Dafür reicht bereits eine geringe Dosis Koffein, eine oder zwei Tassen Kaffee oder auch ein Espresso. Wir können unsere Müdigkeit allerdings nur für begrenzte Zeit hinauszögern, wie ausgeprägt und lange der Effekt anhält, ist zudem individuell unterschiedlich. Greifen wir regelmäßig zur Tasse, „durchschaut“ unser Körper diesen vorgaukelnden Effekt von Koffein und gewöhnt sich daran.
Praktische Nebenwirkung: Mit einer Tasse Kaffee kann man sich leichte Kopfschmerzen wegtrinken. Koffein verengt die sog. Menigealgefäße, das sind die Blutgefäße in der Hirnhaut. So wird die Durchblutung gesteigert und Kopfschmerzen können einfach weggepumpt werden. Deshalb wird Koffein schon lange als schmerzlindernde und wirkungssteigernde Substanz in Kopfschmerz- und Migränepräparaten eingesetzt.
Kaffeetrinken macht glücklich
Eine unmittelbare Wirkung hat Kaffee auf unsere Gemütslage. Verschiedene Studien ergaben, dass bereits eine Tasse Kaffee Stimmung und Zufriedenheit steigern, ja sogar das Risiko bei gesunden Personen für Depressionen senken kann. Grund dafür ist Koffein. Zum einen setzt es eine Reihe von Botenstoffen frei, die auch als „Glückshormone“ bekannt sind, daher auch die inzwischen belegte angstlösende Wirkung. Zum anderen verlagern wir unsere Wahrnehmung durch verbesserte kognitive Fähigkeiten eher in die rationale Ecke weg von der emotionalen Ebene, wie vermutet wird. Neben Koffein scheinen auch Polyphenole daran beteiligt zu sein, denn entkoffeinierter Kaffee ruft ebenso stimmungsaufhellende Effekte hervor. Läuft dir also einmal der Mythos über den Weg, dass Kaffee Nervosität, Ängstlichkeit und Depressionen ankurble, kannst du das mit einem entspannten Kaffee-Lächeln zur Seite wischen.
Maximal unterstützt wird gute Laune über die Schiene der Aromen. Die Verhaltensbiologie lehrt: wie Stimmung und Wohlgefühl sind, kann stark und unmittelbar über das Geruchsempfinden und die Wirkweise von Aromen gesteuert werden. Das Potenzial von Gerüchen wird deshalb in Aromatherapien genutzt. Interessant ist auch: geruchsaktive Stoffe wirken nicht nur in der Nase. Sie gelangen über die Atemluft ins Blut und sind somit überall in unseren Körper. Dort gibt es mehrere Stellen mit Rezeptoren, an denen sie andocken und wirken können. Da sich in einer Kaffeebohne über 800 Aromen zusammenballen, ist fast schon alles gesagt: bereits mit dem Duft von Kaffee wird nachweislich unser Wohlgefühl beeinflusst.
Ernährungswissenschaftler Dr. Malte Rubach rät dazu, dieses Wissen zu nutzen, um den positiven Effekt von Genuss und Entspannung zu maximieren. Inmitten aller Sinnesreize und komplexer Informationen liebt unser Gehirn die Einfachheit. Es bevorzugt Muster, denen wir im Alltag unbewusst folgen. Das bedeutet Entspannung für unser Oberstübchen. Ziemlich gut funktioniert das über tägliche Rituale, die wir als angenehm abspeichern, z.B. der tägliche Morgenkaffee, die regelmäßige Tasse am Samstagnachmittag mit Freunden oder die gemeinsame Kaffeepause am Arbeitsplatz. Welche Rolle die Aromen dabei spielen? „Der Hirnforschung ist schon lange bekannt, dass die Kombination aus wohligen äußeren Faktoren – (im Fall von Kaffee) Röstaromen, die in die Nase steigen – und wohlige innere Faktoren – das Kaffee-Ritual, das einem Sicherheit vermittelt – so ziemlich eines der stärksten Wohlgefühle auslöst, die möglich sind.“
Kaffee fürs Köpfchen: Schutz für unsere Nerven
Unser Gehirn ist eine Super-Maschine. Trotzdem hat es Schwächen. Sehr viele andere Zellen im Körper erneuern sich regelmäßig, die Zahl der Nervenzellen bleibt jedoch dieselbe, sobald wir ausgewachsen sind. Wenn wir älter werden, finden nach dem Gesetz der Natur Veränderungen an diesen Zellen statt, auf Neurologen-Sprech: sog. degenerative Prozesse. Auf die haben wir nur begrenzt Einfluss, und manchmal kann es zu Krankheiten kommen. Zu den bekanntesten Nervenkrankheiten zählen Parkinson, Alzheimer und Demenz. Ein klein wenig können wir trotzdem tun. Und hier kommt die gute Nachricht für Kaffeetrinker: neben Sport, einem geistig aktiven Leben und einem guten Stressmanagement – Dauerstress ist Öl ins Feuer degenerativer Prozesse – scheint Kaffee ein guter Schutz zu sein für unser Nervenkleid. Besonders vielversprechend klingen Forschungen zu Parkinson und Koffein. Diese Krankheit entsteht, wenn die Gehirnzellen, die den Nervenbotenstoff Dopamin produzieren, absterben. Steht zu wenig zur Verfügung, können Nerveninformationen an die Muskeln nicht mehr kontrolliert werden. Die Folge: Muskelzittern, Steifheit, Gleichgewichtsstörungen. Bereits in den 1960ern gelangte man zur Erkenntnis, dass Kaffee, v.a. wegen des zentralnervös anregend wirkenden Koffeins, einen positiven Effekt habe. Neuere Studien setzen einen drauf: die Wahrscheinlichkeit an Parkinson zu erkranken sei um 40% niedriger bei regelmäßigen Kaffeetrinkern, Vieltrinker seien noch besser geschützt.
Ähnlich positiv die Urteile mehrerer Studien zu Alzheimer und Demenz aus. Je nach Studie senkt die regelmäßige Tasse das Risiko zwischen 16 und 60%, am deutlichsten sei der Schutz bei Menschen zu beobachten, die täglich drei bis fünf Tassen Kaffee trinken. Auch andere Stoffe spielen neben dem Koffein eine Rolle, wie Tryptamid und die Kaffeeöle Kahweol und Cafestol.
Kaffee-Kick kurz vorm Sport
Kaffee ist ein Kicker – nicht nur im Gehirn. Er kann auch unsere körperliche Leistung kurzzeitig steigern. Bis 2004 stand Koffein deshalb sogar auf der Doping-Liste der internationalen Anti-Doping-Agentur. Zum Glück für alle kaffeeaffinen Sportler wurde es von dort gestrichen. Laut EFSA muss ein 75kg schwerer Mann ca. 500ml Kaffee trinken, um von einer leistungssteigernden Wirkung zu profitieren. Zudem gilt: hier tritt schnell ein Gewöhnungseffekt ein, sodass von einem dauerhaften und echten „Doping“ keinesfalls die Rede sein kann. Ein weiterer positiver Effekt von Kaffee beim Thema Sport: weniger Muskelkater, da sich Kaffee positiv auf die Regeneration auswirke.
Hand aufs Herz: Kaffee senkt das Risiko für Herz- Kreislauf-Erkrankungen
Kaffee und Herz
„Ja nur keinen Kaffee“ lautete jahrelang das Credo um des gesunden Herzens willen. Umso hartnäckiger hält es sich, da Herz-Kreislauf-Erkrankungen in den westlichen Industrieländern Haupttodesursache sind und man Kaffee und Bluthochdruck in einem Atemzug nennt. Heute weiß man: das stimmt so nicht. Aus vielen Untersuchungen weiß man sogar um herzschützende Effekte von Kaffee. Vielfach zitiert hierzu ist eine Datensammlung aus Südkorea. Sie wirkt wie ein Paukenschlag, weil sie auf dem gesundheitlichen Zustand von 25.000 Menschen fußt, einer Zahl mit Aussagekraft. Menschen im Alter von etwa 40 Jahren, die täglich bis zu drei Tassen Kaffee tranken, wiesen demnach kaum Kalkablagerungen in den Herzkranzgefäßen auf, während bei jenen, die kaum bis gar keinen Kaffee tranken, oder mehr als fünf Tassen, häufiger Ablagerungen entdeckt wurden. Ablagerungen sind normale Erscheinungen, bei moderaten Kaffeetrinkern scheint sich der Prozess jedoch zu verlangsamen.
Kaffee und Blutdruck
Was Bluthochdruck betrifft: die Top-Ursachen dafür sind Übergewicht, das genetische Päckchen der Familie und psychischer Stress. Kaffee also doch nicht? Breit angelegte Studien konnten keinen Zusammenhang finden zwischen Kaffee und Bluthochdruck. Koffein erhöht zwar den Blutdruck kurzfristig, jedoch nicht langfristig. Gleichzeitig wurde beobachtet: trinkt man regelmäßig Kaffee, gewöhnt sich der Körper daran.
Was widersprüchlich klingt, erklärt sich folgendermaßen: Bluthochdruck sorgt dafür, dass die Gefäßwände verdicken, was wiederum die Verkalkung fördert. Wer regelmäßig und moderat Kaffee trinkt, sorgt für elastischere Gefäße, die den Blutdruck besser regulieren können. Allen, die von Haus aus unter starkem Bluthochdruck leiden, sei dennoch ein Gespräch mit dem Arzt nahegelegt.
Kaffee und Cholesterinspiegel
Beim Thema Cholesterinspiegel steht Kaffee immer wieder im Visier wegen der Kaffeeöle Kahweol und Cafestol. Hier scheint es einen Zusammenhang zu geben mit der Art der Zubereitung. Bei ungefilterten Kaffeegetränken wie z.B. aus French Press oder Mokkakanne, gelangen diese Öle in größerem Maß die Tasse als etwa bei Filterkaffee, bei dem die Öle im Filterpapier hängen bleiben. Unter dem Strich ergibt die Studienlage zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen jedoch immer noch, dass der schützende Effekt insgesamt überwiege und das Sterberisiko bei maßvollem Kaffeegenuss am geringsten sei. Als maßvoll gelten bis zu vier Tassen am Tag. Dieser Schutz zeigte sich sowohl bei koffeinhaltigem als auch bei entkoffeiniertem Kaffee – man nimmt daher an, dass er auf das Konto der Antioxidantien geht.
Tief durchatmen: Kaffee verbessert die Lungenfunktion
Koffein erweist sich in einem Organ als Wohltäter, das man nicht unbedingt auf dem Schirm hat: in der Lunge. Mit seiner bronchienweiternden Wirkung verschafft Koffein Momente zum befreiten Durchatmen. Das war der Medizin bereits im 19. Jahrhundert bekannt, die Asthma-Patienten mit diesem Wirkstoff behandelten für eine leichtere Atmung. Eine Studie aus unseren Tagen bestätigt das: demnach haben Betroffene bis zu vier Stunden eine verbesserte Lungenfunktion nach ihrer Tasse Kaffee. Andere Untersuchungen gaben ab, dass ein regelmäßiger Genuss von mehr als drei Tassen täglich das Risiko eines Asthma-Anfalles sogar senken könne um bis zu 30%. Als Therapie sei Kaffee allein jedoch nicht ratsam, und vor einem Lungenfunktionstest sollte man keinen Kaffee trinken, um Ergebnisse nicht zu verfälschen.
Kaffee schützt Leber und Galle
Die Leber ist ein Organ, das unmittelbar von Kaffee betroffen ist, denn sie baut das Koffein ab. Daher hat sich eine Reihe von Studien damit auseinandergesetzt, ob und wie die Funktion dieses wichtigen Organs von Kaffee beeinflusst wird. Die Datenlage zeichnet ein klares Bild: Kaffee ist gut für die Leber. Regelmäßige Kaffeetrinker laufen demnach weniger Gefahr an Leberzirrhose, – Fibrose oder gar Leberkrebs zu erkranken. Ähnliches gilt für die Gallenblase. Kaffee fördert ihre Kontraktion. So bleibt die Flüssigkeit kürzer in der Blase, weshalb sie weniger anfällig wird für die Bildung von Gallensteinen.
Kaffee statt Zucker: jede Tasse senkt das Risiko für Diabetes Typ 2
Koffein ist einer der wirkmächtigsten Stoffe in Kaffee. Beim Thema Diabetes Typ 2 gehört die Bühne jedoch den vielen weiteren Inhaltsstoffen. Denn viele Studien zeigen: auch entkoffeinierter Kaffee entfaltet hier Wirkung. Überhaupt belegt die Datenlage zu dieser Krankheit die positiven Wirkungen von Kaffee auf unsre Gesundheit am klarsten. Knapp 30 Studien weltweit belegen, dass das Risiko bei Kaffeetrinkern pro Tasse um sechs Prozent sinkt, mit mehr Tassen sind bis zu 30 % möglich. Warum genau das passiert, ist noch nicht ganz klar. Festzustellen sei jedoch, dass der Blutzuckerspiegel nach einer Mahlzeit weniger stark ansteigt, wenn man dabei Kaffee getrunken hat. Zudem beugt Kaffee sog. Mikroentzündungen vor, die zur Entstehung von Diabetes beitragen können. Klar ist jedoch auch: Kaffeetrinken kann das Risiko für Diabetes Typ 2 senken, zu viel Zucker und eine ungesunde Lebensweise kann er jedoch nicht wegradieren.
Kaffee schubst den Darm an: warum Bitter gut für die Verdauung ist
Kaffee ist ein prima Verdauungs-Assistent. Das Erfolgsgeheimnis liegt v.a. in den Bitterstoffen. Unser Körper steckt bittere Lebensmittel in die Schublade „unerwünscht, weil giftig“. Gelangen Bitterstoffe wie z.B. Koffein in unseren Magen, wird dort die Magensäureproduktion hochgefahren, um potenziell giftige Nahrung so schnell wie möglich zu verdauen und damit unschädlich zu machen. Ein weiterer anregender Fakt: Kaffee bringt die Peristaltik in Schwung, also die natürliche pumpende Bewegung des Darms. Die Intuition, sich einen Espresso nach dem Essen zur besseren Verdauung zu genehmigen, ist also aus medizinischer Sicht zu bestätigen.
Doch was ist nun mit Verdauungsproblemen wie Sodbrennen, gereiztem Magen & Co., über die manch einer nach einer Tasse Kaffee klagt? Lange Zeit schob man den Säuren im Kaffee den Schwarzen Peter zu, allen voran Chlorogensäure. Zu Unrecht, wie neueste Erkenntnisse nahelegen. Es wurde sogar ein positiver Effekt davon auf Magengeschwüre festgestellt, zumal andere chlorogensäurehaltigen Nahrungsmittel nicht zu Magenproblemen führten. Die Säure im Kaffee ist also nicht das Problem. Daher liegt die Vermutung nahe, dass der eine generell sensibler in der Verdauung reagiert als der andere. Hier könnte es helfen, auf entkoffeinierten Kaffee oder verdünnte Kaffeegetränke umzusteigen für eine niedrigere Produktion von Magensäure.
Gesunde Zellteilung: Kaffee wirkt vorbeugend
Während wir gemütlich eine Tasse Kaffee trinken, bemerken wir gar nicht, dass unser Körper dauernd die Keule schwingt. Fast jede Zelle unseres Körpers wird erneuert. Nach zwei Jahren ist unsere Leber rundum neu, nach zehn Jahren unser Skelett. Wenn eine neue Zelle eine alte ersetzt, wird eine Art „Kopiervorgang“ gestartet. Läuft etwas schief, ist unser Körper gut darin, die fehlerhaften Zellkopien zu identifizieren und auszuschalten. Manchmal sind sie jedoch zu gut getarnt, werden nicht entdeckt und wachsen weiter – Krebs entsteht. Das passiert in der Regel eher, wenn wir altern, in Kombination mit Umwelteinflüssen und genetischer Veranlagung.
Jetzt kommt die gute Nachricht für Kaffeetrinker: eine Studie aus Southampton konnte nachweisen, dass Kaffeetrinker von bestimmten Krebsarten weniger oft betroffen sind als Nicht-Kaffeetrinker. Bei regelmäßigem mittelstarkem bis hohem Kaffeekonsum war ihr Risiko bis zu 20% niedriger für Darmkrebs, um 40% niedriger für Blutkrebs und um bis zu 50% für Leberkrebs.
Den Grund hierfür vermutet man in der antioxidativen Wirkweise von Chlorogensäure und Melanoidinen. Weiter bemerkenswert: das sog. Protein mTOR, das bei der Zellteilung wie ein Anschubser zum Wachsen aktiv ist und leider auch beim Zellwachstum in Tumoren wirkt, war bei Kaffeetrinkern weniger ausgeprägt.
Ob Kaffee auch das Risiko für andere Krebsarten senken kann, ist noch nicht zweifelsfrei belegt. Feststeht allerdings: Kaffee erhöht nicht das Risiko auf Krebs, wie die Internationale Krebsagentur verlauten ließ. Die Forscher rieten jedoch dazu, Kaffee – so wie jedes andere Heißgetränk – nicht zu heiß zu trinken, um die Schleimhäute zu schützen.
Milch & Kaffee: Power-Duo gegen Entzündungen
Der Griff zur Milch gehört bei Kaffee für viele dazu, und auch hier gibt es Halbwissen, das sich verselbständigt hat zu Mythen.
Nr. 1: „Kaffee ist ein Kalziumräuber, trink deshalb Milch dazu.“ Diese steile These stammt direkt aus dem brodelnden Kessel der Gerüchteküche und hat sich als wissenschaftlich nicht haltbar erwiesen. Weder plündert Kaffee den Kalziumvorrat in unseren Knochen noch macht er sie brüchiger. Folglich muss die Milch auch nichts reparieren.
Nr. 2: „Milch hebt die positiven Wirkungen von Kaffee auf.“ Auch diesen Mythos kann man getrost vom Tisch wischen. Allerdings kommt er nicht aus dem Nichts. Lange Zeit wurde kommuniziert, dass Milch an Antioxidantien binde und deren Wirkung reduziere. Neueste Erkenntnisse aus den US deuten jedoch auf das Gegenteil hin. Eine Studie konnte zeigen, dass die Reaktionen zwischen Milchproteinen und Antioxidantien das entzündungshemmende Potenzial von Kaffee sogar steigern.
Unter allen Getränken ist Kaffee unübertroffen in der großen Vielfalt von Inhaltsstoffen, jeder für sich genommen ist eine Show. Was Kaffee so groß macht in seinem Potenzial für unsere Gesundheit, ist jedoch ihre Wirkung zusammen. Studien kommen zu dem Schluss, dass der Schlüssel zum Erfolg in der einzigartigen Zusammensetzung der vielen Stoffe liegt, wie man sie eben nur in einer Tasse Kaffee finden kann. Für unsere Gesundheit spielen natürlich auch Dinge eine Rolle wie Ernährung, Schlaf, Sport, Achtsamkeit etc. Kaffee ist eines der hilfreichen Mosaiksteinchen, die Gesundheit und Wohlbefinden unterstützen können. Mit einer Tasse können wir die vielfältigen Wirkweisen für uns nutzen, die uns die kleine Bohne in so geballter Ladung schenkt. Wer moderat Kaffee trinkt – als moderat gelten bis zu fünf Tassen pro Tag – macht also alles richtig: im Idealfall in angenehmer Gesellschaft oder im persönlichen Ritual genossen, hast du ein genussvolles Mittel zur Hand, mit dem du dir jeden Tag was Gutes tun kannst, so ganz nebenher.
Quellen:
EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit)
Dt. Kaffeeverband
Dr. Malte Rubach: Kaffee-Apotheke. Die Bohne für mehr Gesundheit, München, 2019.
Bundesinstitut für Risikobewertung
www.eur-lex.europa.eu/legal-content/
Weiß J, Meerpohl J, Antes G: Asthma bronchiale: Koffein beeinflusst Lungenfunktion. In: Dtsch Med Wochenschr 01.01.2012, 137-47: 2412
Wissenschaftliches Institut der AOK
www.focus.de/gesundheit/ratgeber/verdauung/
Presseportal: Listicle: 10 Dinge, die Sie über Kaffee noch nicht wussten
Jingyuan Liu, et al., Phenolic Acid–Amino Acid Adducts Exert Distinct Immunomodulatory Effects in Macrophages Compared to Parent Phenolic Acids, in: Journal of Agricultural Food and Chemistry, 30.1.2023
www.aerztezeitung.de/Medizin/Die-Maer-vom-Kalziumraeuber-Kaffee
International Agency for Research on Cancer Monograph Working Group: Carcinogenicity of drinking coffee, mate, and very hot beverages, IARC Monographs Volume 11. In: The Lancet Oncology 15.06.2016