Kaffeekochen? Kinderspiel! Man muss ja „nur“ Kaffee und heißes Wasser zusammenbringen – oder? Am Ende ist es aber ein Unterschied, ob man sich damit beschäftigt hat oder nicht, weil der Kaffee dann gut oder eben nicht gut schmeckt. Beim Aufbrühen von Kaffee passieren viele Dinge, und das Ergebnis schmeckt selbst unter den besten Voraussetzungen immer ein bisschen anders. Wir erklären, was beim Aufbrühen passiert, welche Methoden es gibt und verraten dir das perfekte Rezept für deinen Brühkaffee.
Inhaltsverzeichnis
Wie Wissenschaft beim Kaffeekochen helfen kann
Tausende winziger Kaffeeteilchen werden Wasser ausgesetzt, ein jedes davon enthält hunderte chemische Inhaltsstoffe, die sich unterschiedlich lösen. Und meist schmeckt ein und derselbe Kaffee beim nächsten Aufbrühen schon eine Nuance anders, weil die Umstände nie zu 100% gleich sind: Wassertemperatur, Verwirbelung der Kaffeepartikel, Zusammensetzung des Kaffeepulvers… Die Wissenschaft gibt uns jedoch nützliche Erkenntnisse an die Hand, mit denen wir das Brühergebnis größtmöglich beeinflussen können.
Zunächst müssen wir uns von der Vorstellung verabschieden, dass die Kaffeelösung eine Einheit ist. Sie ist eine Gesamtheit vieler Geschmacksbestandteile. Generell haben folgende Bestandteile den größten Einfluss auf den Geschmack und extrahieren in dieser Reihenfolge: Salze, Säuren, Zucker und zum Schluss komplexe Kohlenhydrate und Öle sowie Bitterstoffe. Die leicht löslichen Stoffe, Salze und die meisten Säuren, gehen gleich zu Beginn des Brühvorgangs in die Lösung über. Dann verlangsamt sich der Prozess, Zucker braucht etwas mehr Zeit. Die Stoffe, die den sog. Körper des Kaffees ausmachen wie komplexe Kohlenhydrate und Fette, sind häufig schwebende Feinteilchen und Öle, also nicht wasserlösliche Stoffe, und extrahieren kurz vor Schluss.
Ähnlich wie ein Barkeeper, der die Zutaten für seine Cocktails abstimmt, ist es für den Barista möglich, diese Stoffe im Kaffee auszubalancieren und das Brühergebnis zu beeinflussen. Natürlich kann er bei Kaffee nicht einfach nur etwas mehr oder weniger einer Zutat nehmen. Allerdings kann er die Erkenntnis, wie Kaffee extrahiert, nutzen. So bewirkt eine zu kurze Extraktionszeit, dass man wahrscheinlich nur bis zu dem Punkt kommt, an dem Säure herausgelöst wird. Eine zu lange Extraktionszeit bedeutet, dass am Ende zu viele Bitterstoffe in den Kaffee gelangen. Auch die Temperatur spielt eine Rolle. Ist das Wasser nicht heiß genug, wird es die Aromen nicht vollständig herauslösen können, der Kaffee schmeckt fade und sauer. Zu heißes Wasser wiederum überextrahiert Kaffee und verbrüht die Aromen, er schmeckt bitter und verbrannt. Letztlich ist es eine Frage von Routine und Geschmacks, und da hilft nur eins: ausprobieren.
Damit gelingt Ihr Brühkaffee
Hier nennen wir einige Tipps, die hilfreich sind, um herauszufinden, wie dir dein Brühkaffee am besten schmeckt.
- Ändern immer nur eine Einstellung: Mach es wie ein Wissenschaftler und änder immer nur eine Variable, um herauszufinden, wie dir Brühkaffee am besten schmeckt. Mahlgrad, Brühdauer, Wassertemperatur… Variiert man mehrere Faktoren gleichzeitig, ist es schwierig festzustellen, welcher davon für die Geschmacksänderung verantwortlich ist.
- Wiederholen die Brühmethode: Wie in der Wissenschaft bedeutet es nicht, dass eine bestimmte Methode immer dasselbe Ergebnis hervorbringt. Es könnte Zufall sein. Wenn du dein Brühverfahren verbessern möchtest, solltest du mit Zeit und Aufmerksamkeit eine Methode mehrmals wiederholen und beobachten.
- Taste dich an „deine“ Temperatur heran: Dunkel gerösteter Kaffee braucht etwas kühleres Wasser, heller gerösteter Kaffee verträgt heißere Temperaturen. Im Allgemeinen sorgt das Erhöhen der Wassertemperatur dafür, dass der Kaffee komplexer wird. Verringert man die Temperatur, kann man herbe Noten ausbalancieren. Der Bewegungsspielraum bleibt dennoch eng gesteckt, um Unter- bzw. Überextraktion zu vermeiden – bewährt haben sich Wassertemperaturen zwischen 92 und 96°C.
Wenn der Kaffee deutlich anders schmeckt als sonst: mögliche Ursachen
Selbst wenn man einen festgelegten Ablauf für die Kaffeezubereitung gefunden hat, gibt es immer noch Faktoren, die das Ergebnis beeinflussen können:
- Wasser schmeckt nie gleich: sogar in Gemeinden mit sehr guter Qualitätskontrolle kann die Zusammensetzung des Wassers täglich wechseln, z.B. während heißer oder regnerischer Tage. Zudem schmeckt ein und derselbe Kaffee mit Hamburger Wasser völlig anders als mit Münchner Wasser. Hier lohnt sich u.U. ein Vergleich von Leitungswasser und abgefülltem Wasser.
- Hochlandbohnen eignen sich besser für Brühkaffee: Kaffeebohnen aus hoch gelegenen Anbaugebieten wie z.B. im Hochland Perus wachsen langsamer, Aromen haben mehr Zeit sich zu entwickeln, und gerade bei Brühkaffee zählt die Aromatik. Bei gutem Espresso hingegen stehen eine perfekte Crema und ein vollmundiger Körper im Fokus. Dafür eignen sich Bohnen aus niedrigen Anbaugebieten. Dort wachsen sie schneller, die Schale wird nicht so hart und die Öle und Feinteilchen, die für Crema und Körper so wichtig sind, lassen sich besser extrahieren.
- Auf den Verschleiß achten: Bereitest du Kaffee in einer Maschine zu, gilt folgendes: jedes Gerät altert, deshalb verändern sich auch die Ergebnisse. Temperaturfühler sind Kalkbildung ausgesetzt, die die Funktionalität verringert, Mahlscheiben stumpfen ab und verursachen mehr Ausschuss…
- Der richtige Mahlgrad ist entscheidend: Der Grund: das Wasser braucht eine bestimmte Zeit, um Aromen und Geschmack aus dem Pulver optimal heraus zu kitzeln. Wenn Kaffee zu grob gemahlen ist, rauscht das Wasser einfach durch das Pulver hindurch, am Ende hat man eine wässrige Suppe. Ist er zu fein gemahlen, „versumpft“ es im Pulver und extrahiert zu viel, man bekommt eine bittere Kraftbrühe. Für Filteraufguss, Aeropress, Soft Brew und Filtermaschinen empfehlen wir einen mittleren Mahlgrad in sandähnlicher Konsistenz, für French Press und Karlsbader Kanne einen gröberen Grad, vergleichbar mit Schrot oder grobem Meersalz.
Das Rezept für perfekten Filterkaffee
Aufguss von Hand, French Press, Karlsbader Kanne – jeder hat seinen Liebling. Deshalb stellen wir Ihnen die verschiedenen Methoden von Brühkaffee vor:
Pour over: Aufguss von Hand
Der klassische Aufguss von Hand ist eine sog. Pour-Over-Methode, bei der das Wasser nach und nach auf das Pulver gegossen wird und durch Filterpapier fließt. Wir empfehlen einen Filter von Hario. Das Besondere an diesem Filter: aufgrund der größeren Öffnung hat der Kaffee eine kürzere Standzeit beim Brühen, und durch die geschwungenen Rillen erfolgt eine homogene Verwirbelung des Kaffeepulvers. Das verhindert ein sog. Channeling, bei dem Überextraktion und somit bitterer Geschmack vorprogrammiert sind. Unser Tipp: verwende zum Aufgießen eine Wasserkanne mit einem dünnen geschwungenen Hals für einen gleichmäßigen und gut dosierten Wasserstrahl.
- Filtertüte mit heißem Wasser ausspülen, in den Filter einsetzen, auf das Haferl stellen und mit 18g Kaffee befüllen. Filter aus Glas oder Porzellan vorwärmen.
- Erster Aufguss: 92°C heißes Wasser in langsamen Kreisen von der Mitte nach außen gießen. 40 bis 50ml Wasser in 8 bis 10 Sekunden, dabei den gesamten Kaffee benetzen.
- Zweiter Aufguss nach ca. 40 Sekunden: Mit dem restlichen Wasser, ca. 250ml, spiralförmig von innen nach außen nachgießen.
- Den Kaffee vollständig durchlaufen lassen und etwas ruhen lassen. Der Brühvorgang sollte idealerweise nicht länger als gute 3 Minuten dauern.
Full Immersion: French Press
Die Zubereitung von Kaffee in der French Press ist eine sog. Full-Immersion-Methode, d.h. das Kaffeepulver ist während des Brühvorgangs komplett mit Wasser vermischt. Diese Variante ist gleichermaßen aromatisch wie aus dem Handfilteraufguss und gleichzeitig kräftiger im Geschmack.
1. Glaskanne mit heißem Wasser ausspülen und Kaffeepulver in die Kanne geben. Wir empfehlen je nach Größe 15g pro 250ml Wasser bzw. 45g pro 750ml Wasser.
3. Etwas heißes Wasser (92 bis 96°C) eingießen, verrühren und ca. 30 Sekunden warten. Anschließend restliches Wasser dazugeben.
4. Jetzt 3 bis 4 Minuten ziehen lassen. Die optimale Ziehzeit hängt vom jeweiligen Kaffee und persönlicher Vorliebe ab.
5. Die Kaffeekruste, die sich an der Wasseroberfläche gebildet hat, abschöpfen, Deckel auf die Kanne setzen und langsam nach unten drücken. Die „Kruste“ (Schaum) ist das Bittere, falls Sie es mögen, einfach so lassen und mit runterdrücken.
Unser Tipp: lassen Sie den Deckel erst einige Sekunden auf der Kannenöffnung stecken. Durch den aufsteigenden Dampf dehnt sich der Stempel etwas und lässt dadurch weniger Kaffeesatz durch den Metallring.
6. Sofort in warme Tassen gießen und genießen! Die Stempelkanne ist ein Zubereitungs- und kein Aufbewahrungsgefäß. Bleibt der Kaffee in der Kanne, wird er weiter extrahieren und zwangsweise bitter.
Infusion: Soft Brew-Kanne
Kaffee aufbrühen mit der Soft Brew-Kanne verläuft nach dem sog. Infusion-Prinzip. Das Kaffeepulver kommt in einen festen Filter, der in die Kanne eingehängt und mit heißem Wasser übergossen wird. Das Pulver kann frei schweben während der Extraktion wie bei der French Press. Der Unterschied ist, dass der Kaffeesatz in der French Press am Ende nach unten gedrückt wird und in der Kanne bleibt. Bei der Soft Brew-Kanne hingegen wird der Kaffee keinem Druck ausgesetzt, der Filter wird einfach entnommen und der Kaffee kann in der Kanne bleiben ohne weiter zu extrahieren.
- Kanne und integrierten Filter mit heißem Wasser anwärmen.
- Kaffee in den Filter geben. Die Menge variiert nach Kannengröße, wir empfehlen 12g pro Tasse (200ml).
- 92°C heißes Wasser aufgießen, gerade so bis das Kaffeepulver bedeckt ist und einen kurzen Moment quellen lassen.
- Restliches Wasser langsam und kreisend aufgießen, bis die Kanne gefüllt ist.
- Je nach persönlichem Geschmack rund 3 Minuten ziehen lassen.
- Filter herausnehmen und Deckel auf die Kanne setzen.
Upside-Down: Aeropress
Die Aeropress funktioniert nach dem Upside-Down-Prinzip und ist ein Trendgerät, das drei Brühmethoden in sich vereint. Die Kanne besteht aus drei Teilen: einem Brühzylinder, einem Presskolben und einem Filtereinsatz. Im Zylinder wird Kaffeepulver mit Wasser aufgegossen und extrahiert wie in einer French Press. Mit dem Presskolben wird das Pulver nach unten gedrückt – im Grunde wie in der French Press. Da der Brühzylinder deutlich schmaler ist, entsteht viel mehr Druck, was an das Prinzip Espresso erinnert. Und das Filterpapier, das kleinste Partikel zurückhält, funktioniert wie beim Filteraufguss. Das Ergebnis: ein völlig anderer Kaffeecharakter.
- Filterpapier anfeuchten und in den Halter einlegen.
- Brühkolben und Zylinder 2 bis 3 cm ineinander einstecken und umgedreht auf eine Tasse stellen.
- Kaffeepulver einfüllen, pro Tasse 12g.
- 200 ml heißes Wasser (92°C) auffüllen.
- 3 bis 5 Mal umrühren. Die optimale Ziehzeit liegt bei max. 1 Minute.
- Filterhalter auf den Brühkolben aufsetzen. Er muss fest sitzen und Druck standhalten. Presskolben langsam nach unten drücken.
Old school: Karlsbader Kanne
Keine Art der Kaffee-Zubereitung hat mehr Stil als das Aufbrühen mit der Karlsbader Kanne. Zudem ist das Kaffeeerlebnis hocharomatisch. Da kein Filterpapier verwendet wird, können die Öle als Geschmacksträger direkt in den Kaffee fließen. Zudem geraten keine möglichen Eigengerüche von handelsüblichem Filterpapier in den Kaffee.
- Alle Kannenteile vorwärmen.
- Filter einsetzen und mit Kaffee befüllen. Für die Größe 0,38l liegt eine optimale Dosierung bei 10g Kaffeepulver, für die Größe 0,85l bei 18g.
- Langsam 92°C heißes Wasser aufgießen, bis das Kaffeepulver gerade so bedeckt ist.
- Wenn das Wasser durchgelaufen ist, Wasserverteiler aufsetzen und langsam nachgießen, bis die Kanne voll ist.
- Sobald das Wasser durchgelaufen ist, Verteiler und Sieb entfernen und genießen.
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