Unter den Baristas heißt es, der Geschmack von Kaffee ist nur ohne Zucker wahrzunehmen und wirklich pur. So manches Kaffeeherz blickt da verunsichert in seine Tasse, traut sich nicht mehr, den Kaffee mit dem geliebten süßen Schliff zu genießen. Aber ist der Kaffee mit einem Teelöffel Zucker wirklich schlechter? Wir sagen klar: Nein, nicht schlechter, sondern anders. Letztlich ist es natürlich immer eine Frage des Geschmacks. Trotzdem: vielleicht hilft dir unser Wissen über Zucker herauszufinden, welcher Kaffee-Typ du bist, womit man Kaffee überhaupt süßen kann und warum Baristas Zucker nicht mögen.
Warum Baristas Zucker eher nicht mögen
Wer sich im Netz schlau macht zu diesem Thema, stößt schon nach wenigen Klicks auf Blogs und Meldungen, die Zucker im Kaffee regelrecht verteufeln. Zum einen werden die zusätzlichen Kalorien gezählt. Pro Teelöffel fallen da ca. 20 Kalorien an. Klar sollte man sich überlegen, ob es wirklich vier Löffel pro Tasse sein müssen. Bei nur einem oder zweien muss man sich, sofern dein Arzt nichts anderes sagt, unserer Meinung nach nicht den Kopf zerbrechen. Gesunder Menschenverstand hilft auch.
Zum anderen ist es die Hochwertigkeit von Kaffee, die in Foren rauf- und runterdiskutiert wird. Baristas fordern dazu auf, Kaffee nicht zu zuckern. Diese Haltung erklären sie so: Kaffee ist ein wertiges Produkt. Viel Zeit und viel Arbeit stecken darin, angefangen vom Kaffeebauern über den Pflücker, Händler und Röster bis zum Barista. Jeder Schritt in dieser Arbeitskette ist darauf ausgelegt, den bestmöglichen Geschmack und seine Einzigartigkeit herauszuholen. Der Kaffee am Ende dieser Kette ist also perfekt. Mit Zucker ist es nicht mehr dasselbe. Zucker macht nicht nur bloß süß, er kann den Geschmack zudecken, einzelne Noten sogar verändern.
So sehen das Baristas.
Tipp: taste dich an den puren Geschmack heran – nachträglich zuckern geht immer noch
Barista Christopher hat diese Erfahrung gemacht: „Letztlich ist es eine Frage des Geschmacks, und über den sollten wir besser nicht streiten. Ich denke, die Aufgabe eines Baristas ist es, dem Kunden den bestmöglichen Kaffee zu servieren, nicht ihn zu belehren. Jeder Gast hat seine Vorlieben. Die zu kennen und zu beherzigen, macht einen guten Barista aus.“
Wer sich mit den Baristas in der Mitte treffen möchte, könnte den Kaffee ja erst einmal ohne Zucker probieren, um sich an den puren Kaffeegeschmack heranzutasten. Nachträglich zuckern geht immer. Da ist genauso wie mit dem Salz: in der Regel probiert man das Essen erst, bevor man zum Salzstreuer greift.
Feuchtzucker, Kandis & Honig: was alles in den Kaffee kann
Brauner oder weißer Zucker, grob oder fein? Nicht jeder Zucker schmeckt gleich, der Geschmack von Kaffee kann dadurch maßgeblich beeinflusst werden: Noten von Malz, Karamell, ja sogar Lakritze sind möglich. Wir empfehlen genau hinzusehen, wie der Zucker hergestellt wurde, denn wie bei Kaffee macht auch hier die Qualität den Unterschied. Gebräuchlich im normalen Haushalt ist der raffinierte, also chemisch behandelte weiße Zucker, der meist aus der Rübe gewonnen wird.
Konventioneller brauner Rübenzucker ist ursprünglich weißer Zucker, der nachträglich mit braunem Kandiszucker besprüht wurde. Brauner Rohzucker hingegen ist durch Nichtzuckerstoffe braun gefärbt, weil er nicht alle Reinigungsstufen im Produktionsprozess durchlaufen hat.
Wer auf die chemische Keule verzichten will, kann auf naturbelassenen Zucker zurückgreifen, meist aus Zuckerrohr gewonnen. Auch da muss man sich vor Augen halten, dass Zucker in erster Linie Kalorien bedeutet. Bei naturbelassenen Zuckerprodukten, vor allem bei Feuchtzucker, sind aber immerhin noch Spuren von Mineralien, Eisen, Magnesium und Calcium vorhanden. In der ersten Produktionsstufe erhält man in der Regel durch Auspressen des Zuckerrohrs den Rohzucker, der noch nicht für den Verzehr geeignet ist. Im zweiten Schritt werden die Feuchtzuckerprodukte gewonnen, in dem der Zuckersaft zentrifugiert wird, um ihn von Nichtzuckerstoffen zu reinigen. Durch weitere Behandlung und Trocknen gewinnt man die rieselfähigeren Rohrohrzuckersorten.
Unser Tipp: wenn du deinen Espresso mit Zucker genießen möchten, bitte den Barista, den Zucker in die Tasse zu geben, bevor das Getränk hineinläuft. Der Grund: Espresso verliert schnell an Wärme. Bis der Espresso bei dir am Tisch steht und du den, in der Regel, kalten Zucker hineingerührt hast, ist auch dein Espresso meistens schon zu kalt. Honig solltest du jedoch erst nach dem Aufbrühen dazugeben. Der Espresso aus der Maschine ist so heiß, dass er die Vitamine im Honig zersetzen könnte.
Feuchtzucker
Je nach Feuchtigkeitsgrad sind diese Sorten dunkel- bis mittelbraun und nicht so rieselfähig. In ihnen steckt noch viel Eigengeschmack, denn winzige Siruppartikel der Melasse haften noch daran. Feuchtzucker sind geeignet für alle, die Freude an Experimenten mit anderen Geschmacksrichtungen haben. Besonders gut ist dafür der Espresso geeignet: ein starkes Kaffeeprofil wird von einem Zucker mit eigenem Kopf nicht so schnell zugedeckt.
Ein Tipp: Feuchtzucker kann austrocknen. Wenn er hart oder klumpig geworden ist, über Nacht einfach ein feuchtes Tuch statt des Deckels über die Zuckerdose legen, und der Zucker wird wieder weicher.
Rieselzucker
Rieselfähige Zucker gibt es in unterschiedlich grober Struktur. Der Feinheitsgrad hängt wie die Farbe von der Verarbeitungsstufe ab: je grober und dunkler desto weniger verarbeitet. Von goldbraun bis weiß bzw. Kiesel- bis Strandsandstruktur ist alles vertreten. Diese Zuckersorten lösen sich schnell auf, haben ein eigenes, jedoch wenig ausgeprägtes Geschmacksprofil und eignen sich für alle Kaffeegetränke.
Kandis und grober Kristallzucker
Diese bis zu kieselgroben Zuckersorten sind wenig verbreitet in der Kaffeekultur, eigenen sich geschmacklich trotzdem sehr gut. Die vorhandenen Sirupreste sorgen für eine kleine geschmackliche Eigenheit. Wie bei Feuchtzucker brauchen auch diese Sorten einen starken Gegenspieler wie den Espresso. Ein Hinweis Kandiszucker braucht etwas Zeit, bis sich die Kristalle aufgelöst haben.
Honig
Eher selten landet Honig in der Kaffeetasse. Wir finden zu unrecht, denn diese natürliche Süße hat einen Menge zu bieten. Mit ein bisschen Rühren hat sich der Honig auch schnell aufgelöst. Der eigene Geschmack passt am besten zu starken Kaffeesorten sowie zu herbstlichen und winterlichen Kaffeegetränken. Wir finden, dass sich Honig in Milchgetränken ganz hervorragend macht.
Fotos: © Murnauer Kaffeerösterei, Fotolia, Pixabay