In 7 Schritten zum perfekten Filterkaffee
Filterkaffee erlebt ein sagenhaftes Revival. Weg war er zwar nie wirklich. Im Gegenteil: in deutschen Tassen ist er nach wie vor unerreichte Nr. 1 – in Kaffee-Haushalten wird hierzulande zu fast 80% Filterkaffee getrunken.* Allerdings ist sein Anstrich heute ein deutlich anderer. Hippe Brew Bars erheben ihn zum Lifestyle, er kommt professioneller, facettenreicher und spannender rüber mit einer neuen Genussdimension.
Als Otto Normalverbraucher steht man vor der Frage: Wie schaffe ich es, meinen Filteraufguss zuhause genauso gut zuzubereiten wie diese Baristas?
Wir sagen: du musst kein Barista sein, es reicht, wenn du ein paar Dinge beachtest. Wir zeigen, welche das sind, verraten das perfekte Rezept für Filterkaffee, das auch bei Anfängern garantiert hinhaut.
Warum Filterkaffee so boomt
Filterkaffee ist pur, frei von Schnickschnack. Das war er schon in Omas Kaffeeküche, und das ist er auch heute noch in angesagten Brew Bars. Oder besser gesagt wieder, nach der Fancy-Drink-Welle von Mokka Cookie Crumble Frappuccinos und Co. Filterkaffee hat eine zeitlose und extrem starke Attraktivität. In seiner Schlichtheit reduziert er Kaffee auf das Wesentliche – den reinen, puren Geschmack aus der Kraft von über 800 Aromen, die die kleine Bohne in sich trägt. „Aromen sind leicht löslich, werden also noch vor den Bitterstoffen extrahiert“, erklärt Profi-Barista Michael Eckel von der Murnauer Kaffeerösterei. „Den Brühprozess kann man richtig gut steuern, sodass Filterkaffee eine der aromatischsten Formen überhaupt ist, Kaffee zu genießen.“
Dazu kommt: das fortgeschrittene Barista-Knowhow hat großen Einfluss auf die Qualität von Filterkaffee und entsprechend auch darauf, wie wir ihn heute wahrnehmen. Filterkaffee ist heute Königsdisziplin und Ausdruck von Lifestyle – ganze Foren diskutieren im Barista-Sprech rund um Brew Ratio, Channeling und Co. rauf und runter, wie Filterkaffee am besten gelingt.
Das Knowhow hat auch auf Erzeugerseite einen großen Sprung gemacht. Viele Farmen nutzen Erkenntnisse aus der Forschung und bauen etwa nur noch Varietäten an, die ideal zum Landschaftsprofil ihrer Farm passen. Sie perfektionieren Pflege-, Ernte- und Aufbereitungsmethoden, sodass immer mehr Farmen in den Specialty Coffee Markt vordringen mit Kaffees von herausragenden aromatischen Profilen und und und…
Zu guter Letzt ist da noch etwas: „Das Aufbrühen von Kaffee ist wie Yoga für die Seele“, berichtet Michael Eckel von der Erfahrung, die er und viele seiner Kursteilnehmer gemacht haben. „Ein guter Filteraufguss von Hand lässt sich nicht drängen, er braucht Zeit. Die ruhigen kreisenden Bewegungen beim Aufgießen und der Duft dazu, das ist alles pure Entschleunigung.“
In 7 Schritten zum perfekten Filterkaffee
Das folgende Rezept für Pour-Over Kaffee – so heißt Filterkaffee auf Barista-Deutsch – stammt von der Specialty Coffee Association of America (SCAA). Es wurde unzählige Male auf Herz und Nieren geprüft und bis zur Perfektion optimiert. Wir erklären die einzelnen Schritte.
Rezept für Filterkaffee
Für 1 Liter:
- 55 – 60g gemahlener Kaffee, mittlerer Mahlgrad
- Gut 1l Wasser, Temperatur 93,5°C
- Zusätzlich heißes Wasser
- Brühzeit: zwischen 7 und 10 Minuten
Kanne heiß spülen!
Warum? Guter Kaffee braucht beim Brühen die richtige Temperatur. Bei kaltem Equipment gehen ruckzuck einige Grade verloren. Das beeinflusst den Geschmack. Apropos Temperatur: die SCAA gibt zum Brühen 93,5°C vor – wir sagen: zwischen 92 und 95°C sind auch in Ordnung. Zur Orientierung: diese Temperatur ist erreicht, wenn das Wasser nach dem Kochen nicht mehr blubbert.
Filterpapier & Filter spülen!
Warum? Filterpapier kann einen bestimmten Eigengeschmack mitbringen. Der hat im Kaffee nichts verloren. Deshalb: in den Filter einsetzen und heiß spülen – und damit ist auch der Filter vorgewärmt.
Kaffee auf einer Waage dosieren!
Warum? Das von der SCAA errechnete Mengenverhältnis zwischen Wasser und Kaffee, die sog. Brew Ratio, ist eine gute Richtlinie. Betonung liegt auf: Richtlinie. Jeder Kaffee ist anders, deshalb gibt es nicht die universell gültige Grammzahl. Unserer Erfahrung nach sind es auf den Liter zwischen 55 und 60g, die gut funktionieren. Die Waage hat den Vorteil, dass man festhalten kann, welche Dosierung für welchen Kaffee am besten funktioniert. Hier gilt: ausprobieren, was am besten schmeckt. Kleiner Tipp am Rande: idealerweise den Kaffee direkt vor dem Brühen mahlen.
Blooming für 30 Sekunden!
Warum? Blooming bedeutet, erst nur so viel Wasser in das Kaffeepulver zu gießen, dass es gerade so bedeckt ist. So wird das Kaffeepulver optimal auf die Extraktion vorbereitet. Wer das Rezept genau befolgen will: mit dem Blooming den Timer starten!
Wasser erst nachgießen, sobald der Filter halb leer ist!
Warum? Die Methode „Wasser marsch“ geht in die Hose. Schwimmt zu viel Wasser im Filter, ist der Druck auf das Kaffeepulver zu groß. Das sog. Channeling tritt ein: der Filter verstopft, das Wasser steht zu lange im Kaffeepulver, sodass der Kaffee zu lange extrahiert und zwangsweise bitter wird. Deshalb das Wasser immer erst nachgießen, sobald etwa die Hälfte des Wassers durch ist. Auf Barista-Deutsch nennt sich das Pulse Pouring.
Unser Tipp: ideal dafür ist eine Barista-Kanne mit dünnem Schwanenhals. Sie ermöglicht einen gut dosierten Wasserstrahl und eine schöne Gießbewegung. In der Mitte beginnen und Kreise nach außen ziehen. So hältst du das Kaffeepulver immer schön in Bewegung für eine homogene Extraktion.
Brühzeit checken!
Warum? Die von der SCAA errechnete Brühzeit für diese Menge bewegt sich genau in dem Zeitfenster der optimalen Extraktionszeit. Zu schnell bedeutet sauren Kaffee, zu langsam bedeutet bitteren Kaffee. Sobald das ganze Wasser durchgelaufen ist, Filter absetzen.
Sofort genießen!
Warum? Dieser Punkt scheint etwas seltsam. Er wird deshalb erwähnt, weil man Kaffee nicht allzu lange im Voraus zubereiten sollte. Frisch aufgebrüht schmeckt er am besten.
*Dt. Kaffeeverband, Marktforschungsstudie 2021